Tessin

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Tessin

Das Tessin [tɛˈsiːn] (italienisch Ticino [tiˈtʃiːno], französisch Tessin, rätoromanisch Tessin), amtlich Republik und Kanton Tessin, ist ein italienischsprachiger Kanton der Schweiz. Der Hauptort ist Bellinzona.

Geographie des Tessin

  • Höchste Erhebung: Rheinwaldhorn (ital. Adula) (3402 m ü. M.)
  • Tiefster Punkt: 193 m ü. M. am Lago Maggiore (tiefster Punkt der Schweiz)

Zusammen mit den vier Bündner Südtälern Bergell (Val Bregaglia), Calancatal (Val Calanca), Misox (Val Mesolcina) und Puschlav (Val Poschiavo) bildet es die italienisch(sprachig)e Schweiz (Svizzera italiana).

Das Tessin macht den grössten Teil der italienischen Schweiz aus. Es liegt auf der südlichen Seite des Alpenhauptkamms und ist weitgehend von Italien umgeben; nur im Norden und Nordosten grenzt es an die Schweizer Kantone Graubünden, Wallis und Uri. Die Fläche beträgt 2812 Quadratkilometer, was 7 Prozent der Gesamtfläche der Schweiz entspricht. Etwa ein Viertel des Gebiets gilt als unproduktiv und ein Drittel davon ist bewaldet. Wichtige Akzente setzen die beiden grossen Seen Langensee (Lago Maggiore oder Verbano) und Luganersee (Lago di Lugano oder Ceresio).

Gewässer im Tessin

Seinen Namen hat der Kanton vom Fluss Tessin (Ticino), der auf der Südseite des Sankt-Gotthard-Massivs am Nufenenpass entspringt, das Bedrettotal (Val Bedretto) und die Leventina (Valle Leventina) in Richtung Südost durchfliesst, um dann, ab der Kantonshauptstadt Bellinzona nach Westen durch die Magadinoebene fliessend, in den Langensee zu münden.

 

 

Blick über den Lago Maggiore von Locarno aus

Hauptzuflüsse auf diesem Weg sind der Brenno aus dem Bleniotal (Valle di Blenio) und die Moësa aus dem bündnerischen Misox. Auch der übrige Teil des nördlich des Monte Ceneri gelegenen Kantonsteils (Sopraceneri) wird in den Lago Maggiore entwässert, nämlich durch die Flüsse Maggia und Verzasca. Der südliche Kantonsteil (Sottoceneri) entwässert grösstenteils in den Luganersee und von dort über die Tresa ebenfalls in den Langensee, dessen Abfluss – wiederum «Ticino» genannt – wenig unterhalb der Stadt Pavia in den Po mündet.

Teile des südlichsten «Zipfels» der Schweiz, des Mendrisiotto, entwässern zwar ebenfalls letztlich in den Po, aber nicht über den Tessin. Aus dem Muggiotal kommend durchfliesst die Breggia den Talkessel von Chiasso und vereinigt sich im Comer See mit dem Wasser der Adda. Das westliche Mendrisiotto wird vom Flüsschen Gaggiolo durchflossen, welches unter dem Namen «Rio Ranza» (auch «Rio Ranzo» oder «Rio Lanza») bei Malnate in der italienischen Provinz Varese in die Olona mündet.

Vegetation

Unter der reichhaltigen Flora besonders erwähnenswert sind ausgedehnte Kastanienwälder, wie es sie sonst nur noch in wenigen Gegenden der Welt in dieser Reinheit und Fläche gibt. Zudem gedeihen im Tessin unzählige Palmen und andere Mittelmeerpflanzen.

Bevölkerung

Im Kanton Tessin lebten per 31. Dezember 2011 336’943 Einwohner[1] (4,3 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung). Die jährliche Zuwachsrate betrug in der Zeitspanne 1870–1940 nur 0,45 Prozent, stieg jedoch daraufhin stark an (bis zu 2,3 Prozent). 83,1 Prozent der Einwohner sind italienischer Muttersprache und das Volk fühlt sich mit seinem Nachbarn kulturell stark verbunden.

Sprachen

Im Tessin ist Italienisch die Amtssprache. Ein grosser, allerdings im Abnehmen begriffener Teil der Bevölkerung spricht daneben lokale Dialekte, die zur lombardischen Sprachengruppe gehören («Ticinées»). Da die norditalienischen Dialekte der Lombardei (inklusive italienischsprachiger Schweiz), des Piemont, Liguriens und der Emilia-Romagna einen galloromanischen Hintergrund besitzen, ähneln sehr viele Ausdrücke dem Französischen, wobei häufig nasale Laute sowie «ö» und «ü» vorkommen. Im Tessiner Dialekt heisst es zum Beispiel:

 

 

Die Kathedrale San Lorenzo in Lugano, Bischofskirche des Bistums Lugano, das den Kanton Tessin umfasst

«un om al gheva dü fiöö» [un ˈom al gˈeva dy(ː) ˈfjøː], auf Standard-Italienisch würde man sagen: «un uomo aveva due figli» (ein Mann hatte zwei Söhne). «Herz» heisst im Dialekt «cör» [køːr], ähnlich wie das französische «cœur» [kœr] und nicht wie das italienische «cuore» [kwɔre]. Und «500 Schweine» (cinquecento maiali) heisst auf Tessinerisch «cinc-cent ciügn» [ʧinˈʧeːn(t) ˈʧyɲ].

Eine Besonderheit stellt die Walser-Gemeinde Bosco/Gurin dar, in der Deutsch die Hauptsprache ist. Dies hat heute jedoch nur noch historischen Charakter.

Religionen – Konfessionen

75,9 Prozent der Tessiner Bevölkerung gehören der römisch-katholischen Kirche an; 6,9 Prozent zählen zu einer protestantischen Konfession; jeweils etwa 2 Prozent sind einer christlich-orthodoxen oder einer islamischen Gemeinschaft zuzurechnen.

«Entvölkerung der Bergtäler»

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war der Tessin ein Landkanton. Mitte des 19. Jahrhunderts lebte ein Drittel der Bevölkerung in Dörfern über 600 m, heute sind es 7 Prozent.

Behörden

In Bellinzona hat das Bundesstrafgericht (BStGer) seinen Sitz.

 

 

Der Sitz der Kantonsregierung in Bellinzona

Die staatlichen Organe werden gemäss der Kantonalverfassung vom 14. Dezember 1997 gewählt.

Legislative

In das Kantonsparlament, den Grossen Rat (Gran Consiglio), werden alle vier Jahre, zuletzt am 10. April 2011, 90 Mitglieder nach dem Proporzwahlrecht gewählt. Er tritt in der Kantonshauptstadt Bellinzona zusammen. Um Regionalinteressen zu berücksichtigen, ist das Tessin in Wahlkreise gegliedert. Seit der Wahl 2011 gibt es folgende Sitzverteilung:

ParteiDeutschsprachige BezeichnungSitzeSitzverteilung
Partito liberale radicale ticinese (PLRT)FDP.Die Liberalen (FDP)23
Sitzverteilung des Grossen Rats
Lega dei Ticinesi (Lega)Liga der Tessiner (Lega)21
Partito popolare democratico (PPD)Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)19
Partito socialista svizzero (PS)Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP)14
I Verdi Ticinesi (VERDI)Die Tessiner Grünen7
Unione democratica di centro (UDC)Schweizerische Volkspartei (SVP)5
Movimento per il socialismo (MPS)Bewegung für den Sozialismus1

Exekutive

Der Staatsrat (Consiglio di Stato) ist die Regierung des Kantons. Er besteht aus fünf Mitgliedern, die alle vier Jahre vom Volk direkt nach dem Proportionalsystem gewählt werden. Aus ihren Reihen wählen sie jeweils für ein Jahr den Präsidenten.

StaatsratParteiDepartement
Marco Borradori, PräsidentLegaDipartimento del territorio
Paolo Beltraminelli, VizepräsidentCVPDipartimento della sanità e della socialità
Manuele BertoliSPDipartimento dell’educazione, della cultura e dello sport
Norman GobbiLegaDipartimento delle istituzioni
Laura SadisFDPDipartimento delle finanze e dell’economia

 

Wirtschaft

Das Pro-Kopf-Einkommen im Kanton bewegte sich im Jahr 2005 um 41’335 Schweizer Franken (Platz 22 von 26). Es wird ungefähr zu 70 Prozent im tertiären, 30 Prozent im sekundären und 1,3 Prozent im primären Sektor erwirtschaftet.

Tourismus

Der Kanton Tessin ist stark vom Tourismus abhängig, so kommen jährlich viele Besucher in den südlichsten Kanton der Schweiz, um das mediterrane Klima, italienische Flair, kombiniert mit schweizerischen Sekundärtugenden, zu geniessen. Die Orte Bellinzona, Locarno, Ascona und Lugano zählen zu den wichtigsten touristischen Zentren. Hinzu kommen viele kleine Dörfer, die meist noch nicht von Touristen überrannt sind und viel von ihrem natürlichen Charme behalten haben.

Verkehr

Der Kanton Tessin führte seit seiner Gründung einen «Kampf» gegen die geographische Isolierung vom Rest des Landes und brachte enorme finanzielle Opfer für den Ausbau der Passstrassen; dabei blieb er lange machtlos gegen die witterungsbedingten Schliessungen der Alpenübergänge während der langen Winterzeiten.

Mit der Eröffnung des Sankt Gotthard-Bahntunnels im Jahr 1882 wurde erstmals eine ganzjährige Verbindung des Kantons mit der restlichen Schweiz geschaffen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert folgten zwei schneefreie Strassenverbindungen, nämlich der am 1. Dezember 1967 eröffnete San-Bernardino-Strassentunnel im Nachbarkanton Graubünden und der am 5. September 1980 dem Verkehr übergebene Gotthard-Strassentunnel.

Momentan ist zudem der 57 km lange Gotthard-Basistunnel im Bau, der die Fahrtzeit von Zürich nach Mailand um ca. eine Stunde auf 2 h 40 min verkürzen und damit eine konkurrenzfähige Alternative zum Flugzeug und zum Auto werden soll. Bei seiner Fertigstellung im Jahr 2016 wird er voraussichtlich der längste Eisenbahntunnel der Welt sein und die mit dem wachsenden Güter- und Personenverkehr überforderten Gotthard-Strassentunnel und Gotthardt-Bahntunnel entlasten.

Bildung und Kultur

Bildung

Im Kanton Tessin sind neun Schuljahre Pflicht. Diese teilen sich in fünf Jahre scuola elementare (Grundschule) und vier Jahre scuola media (Mittelschule) auf. Hat ein Schüler diese neun Schuljahre absolviert, kann dieser freiwillig das liceo, das mit dem Gymnasium gleichzustellen ist, oder ähnliche Schularten besuchen. Mit 15 darf man eine Arbeit suchen. Das durchschnittliche Einschulungsalter liegt bei sechs Jahren.

Das Tessin besitzt eine Universität, die allerdings nicht als Volluniversität ausgestaltet ist, mit drei Fakultäten der Kommunikations-, Wirtschaftswissenschaften und der Informatik in Lugano sowie einer Architekturfakultät in Mendrisio. Die Universität der italienischen Schweiz (USI/SUP) hat etwa 1500 Studierende. Ferner werden Fachhochschulstudien an der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) angeboten.

Kultur

Jeweils im August findet das Internationale Filmfestival von Locarno statt, auf dem der Goldene Leopard verliehen wird.

Geschichte

Städte und Orte

 

 

Bezirke des Kantons Tessin

Grösste Orte im Kanton Tessin per 31. Dezember 2011:

OrtEinwohner
Lugano55’151
Bellinzona17’544
Locarno15’303
Mendrisio11’673
Giubiasco8364
Chiasso7776
Ascona5453

Bezirke mit Hauptort

Der Kanton Tessin ist in acht Bezirke (distretti) eingeteilt, diese wiederum in 38 Kreise (circoli):

Sonstiges

  • Am Luganersee liegt die italienische Exklave Campione d’Italia, die durch ihr Spielkasino bekannt ist.

Musik

  • Marcello Sorce Keller, «Canton Ticino: una identità musicale?», Cenobio, LII (2003), April–June, pp. 171–184; auch später veröffentlicht in Bulletin – Schweizerische Gesellschaft für Musikethnologie und Gesellschaft für die Volksmusik in der Schweiz, October 2005, pp. 30–37.

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